So this is Christmas. And what have you done? Another year over. A new one just begun...

Die unverwechselbare Stimme aus der Lautsprecherbox errät jedes Jahr aufs Neue - wie zufällig - wann Weihnachten ist. 🎶

Ich sitze auf meinem rechten Bein am Bankerl - so nennen wir den Doppelsitz der Halbdinette. Skye liegt zusammengerollt neben mir und verfolgt mittelmäßig interessiert, wie unser Lieblingsmensch einen Krautkopf zu Krautsalat veredelt. Befände er sich bereits in der Realisierung des zugehörigen Hauptgerichts - Käsespätzle - so wär mein Hund deutlich weniger entspannt… 🧀🤤

And so this is Christmas. I hope you have fun. The near and the dear ones, The old and the young...

Ich schau mich um. Bis auf mein eingeschlafenes rechtes Bein, das ich der Innigkeit zwischen Skye und mir halber keinesfalls bewegen möchte, verbringen wir den Heiligabend in durchaus adäquater Lauschigkeit. Der Mann versteht nämlich die hohe Kunst der stimmungsvollen Illumination. Die Lichtleiste auf der Unterseite der Küchenhochschränke  - ein warmweißes Licht - erhellt den kulinarischen Workflow, während im verbliebenen kunstlichtfreien Wohnraum mildgelbes Kerzenlicht schummert. Von einem der Teelichthalter, über dem ein Metallsieb platziert ist, zieht eine fingerdicke weiße Rauchschwade senkrecht nach oben. Der Mann versteht es nämlich auch, Düfte sichtbar zu machen. Insbesondere seinen Lieblingsduft. Weihrauch 🙄. In den letzten Wochen führte dies zuhause übrigens mehrfach zur Auslösung der Rauchmelder.

Mendel im Weihnachtsglanz

Kerzenschein, kuschelnder Hund und kochender Liebhaber spiegeln sich im Dunkel des Seitenfensters. Ganz nah an selbigem, gleich hinter dem reflektierten Budenzauber offenbart sich bitterkalte Nacht. Der markant blausilbrige Schimmer über der Mendel kündigt die ‚fette Sau‘ - wie eine Freundin den Vollmond nennt - für demnächst an. 🌝

Vor diesem Hintergrund - oder auch einfach weil ich's grad so kommod finde - erhebe ich feierlich und synchron mit meiner Reflexion das Rotweinglas. Cheers. 🍷

A very merry Christmas and a happy new year, Let’s hope its a good one, Without any fear…

Diese Reise ist weit mehr als eine hundsgewöhnliche Weihnachtsreise, wie wir sie in den letzten Jahren - mit Ausnahme der Corona-Jahre - noch jedes Jahr unternommen haben. Nein, diese Reise stellt die letzte Reise vor der ganz großen Reise dar. Diese Reise ist die letzte Generalprobenreise.

Um die Mängel, die uns der kurze Weihnachtstrip an den Mendel-Pass aufzeigt, zu korrigieren, bleiben uns gerade mal 9 Wochen. Denn ab dem 1. März 2024 leben wir in unserem Kastenwagen. Für ein ganzes Jahr.

Das wohl größte Abenteuer meines Lebens…

Ein Jahr Vanlife - Großer Traum in weiter Ferne

Obwohl es nur ein einziges Stockwerk ist, dass ich gerade hochhaste, und man mir eine solide Bergaufkondition beim besten Willen nicht absprechen kann, ringe ich regelrecht nach Luft. Vor wenigen Augenblicken hat sich mein Leben verändert. Im ersten Stock angekommen kann ich gerade nicht klar definieren, ob die just aufkeimende Angst eben dieser Veränderung oder der Luftlosigkeit geschuldet ist. 

Atmen.

Nach dutzenden Anläufen mit geringer bis gar keiner Erwartung hat mein Chef soeben einem Sabbat-Jahr zugestimmt. Eine Möglichkeit, meinen ganz großen Traum des Fulltime-Vanlifes für immerhin ein Jahr zu leben. Völlig risikolos wohlgemerkt. Denn mein Arbeitgeber bezahlt mir für die Freizeitphase ein Gehalt, sämtliche Sozialleistungen und mein Posten bleibt für mich reserviert. 

Aber so wie ich das Chefbüro verlasse, machen sich erste Zweifel breit. Kann ich das denn überhaupt? Will ich das denn überhaupt? Euphorie trifft - wie so oft - auf Unsicherheit. 😕

Bleich wie ein Milchbrot überbringe ich meinen Kollegen die Neuigkeiten. Alle freuen sich für mich, mir ist längst schlecht. Von der Luftnot. Und vom Grübeln.

Zuhause betrink ich mich erstmal… 

Mein Arbeitgeber stellt etliche Sabbatical-Varianten zur Auswahl. Ich entscheide mich für eine Freiphase von einem vollen Jahr nach einer Ansparphase von vier Jahren. So findet mangels Gegenwärtigkeit der große Traum im Laufe der nächsten Tage schließlich wieder an seinen Platz. Dort wo halt eben große Träume wohnen. Weil träumen schlichtweg leichter ist als leben. 

Der Mendelpass - Schmuckloses Schmankerl

In der Nonsberggruppe gelegen, verbindet der Mendelpass auf 1363m das Überetsch mit dem Nonstal, Südtirol mit dem Trentino, deutschsprachig mit Italienisch.

Der bröckelnde Charme der umliegenden Hotels und ehemaligen Luxusvillen verrät, die Mendel - wie der Pass mit dem umliegenden Passdorf liebevoll genannt wird - hat ihre beste Zeit schon längst hinter sich. Ungeachtet der ausgedienten Eleganz umgibt den Mendelpass - insbesondere in den Sommermonaten - der ganz charakteristische Passtrubelzauber 🏍🚲🚗. 

Dies ist wohl mitunter der berühmten Mendelstraße geschuldet. Denn die Ostrampe des Mendelpasses beinhaltet wirklich alles, was so ein Passstraßenliebhaberherz begehrt: gleichmäßige lagegezogene Kurven, schnelle Wechsel, Kehren und - für mich ganz entscheidend - einen Hauch von optischem Spektakel, etwa durch Felsüberhänge, Engstellen oder Natursteinbegrenzungen.

Nicht zuletzt ist die Strada Statale 42 del Tonale e della Mendola ganzjährig befahrbar. Perfekt also, für eine weihnachtliche Generalprobenreise.

März 2023 - Noch ein Jahr bis zur großen Reise

Auf Märzsonne folgt Märzregen. Und bringt - nicht unerwartet, aber dennoch viel zu früh - Märztränen. Chumani geht über den Regenbogen. Und ich kapituliere erstmals vor einem sicher weggepackten Irgendwann. 😢

Die Chronologie eines einzigen Jahres vor Augen - mit all den saisonalen Abläufen der Natur, einigen Eckpunkten meines Arbeitsjahres, den geplanten Reisen, dem ein oder anderen sportlichen Ziel und meiner Rolle als verantwortungsfreudige Tante - wird der in weite Ferne geparkte große Traum prompt zu greifbarer Realität.

Sowie es das Geldbörserl zulässt, werden nach und nach die letzten notwendigen Adaptionen am Van vorgenommen. Ideen werden geboren, Ideen werden weiterentwickelt, Ideen werden verworfen. Nur um unseren Alltag schließlich mit neuen Ideen zu füllen. Es ist die Zeit der Vorfreude.

Mendel’sche Wanderfreuden - Von Hundekeksen und Perlwein

Jupp, ich muss wohl auch im Mendel-Himmel sein... 🤩

Das Wandergebiet entlang des Mendelkamms ist für uns mitunter ein Grund immer wieder hierher zur kommen. Auch im Winter. Denn die vielfach verzweigten Wanderwege führen überwiegend durch Wälder. So halten sich die Schneemengen in Grenzen. 🌲🌲🌲

Die Ruffre-Seen, eine Handvoll unschwieriger Aussichtsgipfel sowie die ein oder andere Jausenstation verleihen der Mendelregion schließlich den perfekten Schliff einer urgemütlichen Wanderregion. Auch für mehrtägige Aufenthalte.

Die Außendusche - Aus Kick wird Alltag

Es sollte ursprünglich nicht mehr als eine kleine Mutprobe sein, als ich vor einer Weile dem Lieblingsmenschen - einem sprichwörtlichen Warmduscher - vorschlug, bei Temperaturen im einstelligen Bereich, das Brausen nach draußen zu verlegen. Nun, irgendwie hat sich das Freiluftduschen seither etabliert 🛀.  Sofern sich nicht allzu viele Zuschauer sammeln. Erfreulicherweise übt der große Parkplatz rund um das kleine Mendel’sche Wander- & Schigebiet um die Weihnachtsfeiertage nicht die allergrößte Anziehung aus.

So tipple ich barfüßig und eingewickelt in meinem lila Badetuch über den gefrorenen Grund des Stellplatzes auf die linke Seite unseres Kastenwagens, wo mich schon ein übers Badfenster raushängender Brauseschlauch erwartet. 

Welch ein Vergnügen, als das warme Wasser an mir runterläuft und ich zugleich eiskalte Bergluft inhaliere. Obendrein fühlt sich duschen auf Eisplatten genau so an, wie barfuß in der Brandung zu stehen. So wie wenn der Sog sanfter Wellen einem den Sand unter den Zehen wegzieht. Herrlich… 😌

Die Festtagsreise an den Mendelpass ist neben einer Generalprobe für den Van, Technik und Zubehör sowie dessen Organisation ja irgendwie auch nochmal ein klitzekleiner letzter Test für uns als Familie. Nämlich ob gewohnte Aufgabenverteilungen auch dann glücken, wenn sich der Alltag IM Fahrzeug abspielt. 

Meine Biographie ist gekennzeichnet durch ein regelrechtes Vakuum dort wo eigentlich Weihnachtslust sein sollte. Zur weiblichen Version eines Grummel-Grinchs fehlt mir allenfalls die passende Gesichtsfarbe 🟢.

Aber nebst Weihrauch, Wandern und Vesper erfreue ich mich dieser Tage der sprichwörtlich stillen Zeit. Wir lesen viel, wir schlafen viel, wir kuscheln viel. Und wir optimieren tatsächlich wenig. 

Wir sind bereit… 💪🏻

Vanlife ähm… Wasser läuft? Aus der Rubrik Pleiten, Pech und Pannen

Wenn die Generalprobe schief geht, so soll die Aufführung großartig werden, heißt es. 

Und selbstverständlich läuft bei unserer Generalprobenreise an den Mendelpass was daneben. Sprichwörtlich sogar. Nämlich aus einem undichten Wasseranschluss. Versteckt hinter der Küchenzeile. Was natürlich erst auffällt, als der Inhalt von zwei Küchenschubladen bereits völlig durchweicht ist. 🐠

Der Mann, aka MacGewebeband, repariert den Schaden provisorisch, wir trocknen alles auf und für den restlichen Kurzurlaub in der Mendel holen wir unser Wasser aus dem Bad.

Ob man deswegen von einer misslungenen Generalprobenreise oder gar einer pannenfreien Sabbaticalzeit im Anschluss sprechen kann, wage ich zu bezweifeln. Kein Mensch kann ein Jahr so voraus planen, dass es zwischenfallsfrei bleibt, dass alle Eventualitäten berücksichtigt sind. Und ich kann das am allerwenigsten. Ich weiß noch nicht mal, wo wir als erstes hinfahren… 😋

Als der Liebhaber am zweiten Weihnachtsfeiertag mit dem Kochlöffel in der Hand - wieder bei Kerzenschein und klerikalem (und sichtbarem) Duft - gemeinsam mit Chris Rea zum besten aller Weihnachtslieder anstimmt, und als der Hund der Küchenaufsicht zuliebe heute auf Verbundenheit mit mir verzichtet, und als ich mich am Bankerl zurücklehne und es mich erneut erfasst, dass mein großer Traum demnächst Realität wird, weichen hier in der Mendel die allerletzten Zweifel. Und machen Platz für Vertrauen. Grundvertrauen. Erlernt über die letzten Jahre. Von einer Handvoll Menschen. Von einer Handvoll Reisen. Und auch von einer guten Handvoll Pannen…